Johannes Oerding „Ich habe fast einen Herzinfarkt bekommen“

Susanne Suchy

Der Musiker Johannes Oerding ist zurzeit auf Open-Air-Tour. Vor seinem Konzert am Bodensee haben Amelie (13) und Finja (10) mit ihm über Pfadfinder und eine zerrissene Hose gesprochen.

Amelie: Stimmt es, dass du zum ersten Mal am Bodensee auf einer Bühne gestanden hast?

Johannes Oerding: Ja, das war mein erster Auftritt vor richtigem Publikum. Meine Urgroßtante hatte in Horn einen Flohmarkt organisiert. Da habe ich mich auf einen Stuhl gestellt und gesungen. Unter anderem „Ich bin ein rheinischer Junge“ und das Kufsteinlied. Ich wollte gar nicht mehr runter vom Stuhl.

Amelie: Dein Vater hat in einem Interview gesagt: „Johannes ist ein Filou.“ Was hat er damit gemeint?

Johannes Oerding: Er meinte, dass ich gerne Späße mache und charmant bin. Und dass ich gerne unterwegs bin – heute hier und morgen dort. Ich bin schwer greifbar.

Finja: Du bist Pfadfinder. Ab welchem Alter warst du dabei?

Johannes Oerding: Ich habe alle Stufen der Pfadfinder durchlaufen. Los ging es mit acht Jahren als Wölfling. Zwei Jahre später wurde ich Jungpfadfinder, wieder zwei Jahre später Pfadfinder, dann Rover, und ganz am Ende wurde ich Gruppenleiter und habe die Jüngeren betreut.

Finja: Gehst du manchmal noch ins Pfadfinderlager?

Johannes Oerding: Ich versuche fast jedes Jahr die Gruppe aus meiner Heimat für zwei bis drei Tage zu besuchen. Dann spiele ich abends am Lagerfeuer Gitarre und singe mit den Kids. Manchmal muss ich auch Autogramme geben. Für mich ist es schön, wenn ich mal aus der Großstadt rauskomme, in die Natur gehe und kein Handy dabei habe.

Finja: Heute ist unser erstes Livekonzert. Wann warst du zum ersten Mal bei einem Konzert?

Johannes Oerding: Mein ältester Bruder hat mich zu einem Bon-Jovi- Konzert mitgenommen, als ich zwölf oder 13 Jahre alt war. Die Band hat in einem riesigen Stadion gespielt. Es war zwar nicht mein Musikgeschmack, aber trotzdem toll.

Amelie: Wann hast du beschlossen, Musiker zu werden?

Johannes Oerding: Ich habe schon immer Musik gemacht, Klavier und Gitarre gespielt und war in Schülerbands dabei. Mit 17 Jahren hörte mich ein Produzent aus Hamburg, als ich auf einem Dorffest gesungen habe. Er hat mich nach Hamburg eingeladen, und ich habe vorgesungen. Ab dann war mir klar, dass ich Musiker werden will.

Amelie: Was ist zuerst in deinem Kopf, wenn du neue Songs schreibst: die Melodie oder der Text?

Johannes Oerding: Mittlerweile der Text. Ich überlege mir zuerst, worüber ich singen möchte oder habe eine Zeile im Kopf. Dann überlege ich mir, wie das klingen könnte, und schreibe die Töne auf, die mir in den Kopf kommen. Als ich angefangen habe, war das nicht so. Aber mit den Jahren habe ich gelernt, dass es wichtig ist, was man singt. Besonders weil ich auf Deutsch singe und die Leute mich verstehen.

Finja: Wer darf einen neuen Song von dir zuerst hören? 

Johannes Oerding: Ganz lange niemand. Erst wenn der Song in meinem Kopf fast fertig ist, spiele ich ihn jemandem vor, den ich mag und von dem ich weiß, dass er mir die Wahrheit sagt.

Amelie: Für wen würdest du gerne einen Song schreiben?

Johannes Oerding: Ich würde gerne mal mit Ed Sheeran einen Song schreiben oder mit – und für – Pink. In Deutschland habe ich schon für Udo Lindenberg, Peter Maffay und viele andere geschrieben. Vielleicht ruft Herbert Grönemeyer ja mal an. Dann schreibe ich mit ihm auch einen Song.

Amelie: Gibt es eine Künstlerin oder einen Künstler, den du bewunderst und mit dem du gerne mal auf einer Bühne stehen würdest?

Johannes Oerding: Pink. Ich bin ein großer Fan von ihr, mag ihre Songs und die Art, wie sie singt. Außerdem ist sie politisch aktiv. Sie setzt sich für schwächere Menschen und Minderheiten ein. Ich finde es immer toll, wenn Künstler nicht nur singen, sondern ihre Verantwortung und Reichweite auch nutzen.

Finja: Bist du manchmal ohne deinen Hut unterwegs?

Johannes Oerding: Wenn ich nicht erkannt werden möchte, setze ich keinen Hut auf oder trage eine Sonnenbrille oder ein Basecap.

Amelie: Was ist das Witzigste, das dir bei einem Konzert passiert ist?

Johannes Oerding: Wincent Weiss hat mich mal auf der Bühne überrascht. Das war sehr witzig. Er hat mir vorher gesagt, dass er nicht mit mir auftreten kann, weil er im Ausland ist. Aber als ich unseren Song „Die guten Zeiten“ gespielt habe, springt er plötzlich von hinten auf die Bühne. Ich hätte fast einen Herzinfarkt bekommen. Einmal ist mir auch die Hose gerissen als ich vom Schlagzeugpodest gesprungen bin. Das war nicht so schön.

Finja: Was machst du, wenn du keine Musik machst?

Johannes Oerding: Da ich Musik so liebe, gehe ich oft auf Konzerte von anderen Künstlern. Da treffe ich Freunde und bekomme neue Ideen. Manchmal liege ich auch nur faul zu Hause rum, schau eine Serie und bestelle eine Pizza oder spiele Fußball.


Johannes Oerding Der Sänger und Songwriter wurde am 26. Dezember 1981 in Münster geboren. Mit seinen Eltern und vier Geschwistern wuchs er in einem kleinen Ort in Nordrhein-Westfalen auf. Die Texte und Melodien für seine Songs schreibt er selbst. Bisher hat er sieben Studioalben veröffentlicht. Zuletzt ist „Plan A“ erschienen. Seine erste Single, die mit Gold ausgezeichnet wird, heißt „Alles brennt“ (2015). Danach ging seine Karriere steil nach oben. Die Alben „Kreise“ (2017) und „Konturen“ (2019) werden mit Platin ausgezeichnet. Sein bisher erfolgreichster Song ist „An guten Tagen“. Auch im Fernsehen ist er immer öfter zu sehen: etwa 2021 als Coach bei „The Voice of Germany“ und seit 2020 als Gastgeber bei „Sing meinen Song – Das Tauschkonzert“. Aber am liebsten ist Johannes Oerding unterwegs und spielt live vor Publikum.