Kevin Richardson „Löwen sind keine Schoßhunde“

Luise Heine

Kevin Richardson gilt als Löwenflüsterer. Er läuft, schläft und spielt mit den Großkatzen, als wäre er einer von ihnen. Sein wichtigstes Anliegen: Auf die Probleme der Löwen aufmerksam zu machen. Darum hat er auch mitgeholfen, den neuen Kinofilm „Mia und der weiße Löwe“ zu drehen.

Wie entstand die Idee zu „Mia und der weiße Löwe“?

Kevin Richardson: Ich lernte den Regisseur Gilles de Maistre 2011 kennen, weil er gerne meine Arbeit filmen wollte. Das war zu dem Zeitpunkt nicht möglich, und er fragte, ob ich ein anderes Thema für ihn hätte. Ich erzählte ihm von der Löwenjagdindustrie. Er sagte: „Das wird nicht wirklich gemacht, oder?“ Er überprüfte meine Aussagen und war entsetzt. Er fragte: „Kevin, wie können wir das ändern?“ Und wir beschlossen, einen Film darüber zu machen.

Warum habt ihr drei Jahre für den gesamten Filmdreh gebraucht?

Kevin Richardson: Ein Kind einfach mit einem echten Löwen zu filmen, das erschien uns nicht möglich. Es sei denn, der Löwe wächst mit dem Mädchen heran und akzeptiert es wie eine Artgenossin. Die Grundlage zwischen Löwen und Schauspielern musste früh gelegt werden, damit wir auch gut weiterarbeiten konnten, wenn der Löwe größer und stärker wird. Er ist immer noch ein wildes Tier. Wir mussten also Eltern finden, die verrückt genug waren, uns ihr Kind für einen Zeitraum von drei Jahren anzuvertrauen. Jemand, der kein Problem damit hat, dass sein Kind mit Löwen aufwächst.

Welche Aufgaben hattest du als Tiertrainer während der Dreharbeiten?

Kevin Richardson: Ich war so etwas wie der Dolmetscher zwischen den Löwen und dem Filmteam. Thor – so heißt Charlie in Wirklichkeit – sollte nicht als Filmlöwe trainiert werden. Die Idee war, dass das Tier es selbst sein durfte. Viele Szenen im Film basieren darauf, dass der Löwe einfach sein natürliches Verhalten zeigt. Deswegen war es so wichtig, dass wir uns bei dem Dreh viel Zeit lassen konnten. Der Löwe war Teil des Teams, und manchmal hieß es eben: „Sorry, Thor hat heute keine Lust.“

Wie lief das Training mit Daniah, die Mia spielt, und Ryan, der ihren Bruder spielt, ab?

Kevin Richardson: Das war wirklich ein Intensivtraining! Drei Jahre Arbeit, dreimal die Woche waren die Kinder zwei bis drei Stunden mit dem Löwen zusammen. Für mich war das nicht ganz einfach. Ich weiß mit Löwen umzugehen, aber ich musste mein Wissen weitergeben und durfte dabei nie vergessen, dass ich mit Kindern arbeite, die natürlich viel weniger Erfahrung haben als ein Erwachsener. Ich musste lernen, wann ich eingreifen und wann ich sie machen lassen muss. Nach jedem Treffen mit dem Löwen gab es eine Nachbesprechung, um zu erörtern, was dieses und was jenes Verhalten bedeutete. Es war mir wichtig, den Kindern immer wieder zu vermitteln, dass der Löwe kein Haustier ist!

War es schwer, am Set für Sicherheit zu sorgen?

Kevin Richardson: Sobald wilde Tiere vor Ort oder in der Nähe sind, gebe ich dem Team Anweisungen: Ich sage, was man darf und was nicht, was im Ernstfall zu tun ist. Damit versuche ich, Zwischenfälle von vornherein zu verhindern. Die Leute müssen kapieren, dass sie Löwen auch nach einer Woche nicht wie Schoßhunde behandeln können, bloß weil noch nie was passiert ist. Man darf nie, niemals vergessen, dass man Raubtiere vor sich hat, vor denen man Respekt haben sollte.

Gab es am Set eine besonders lustige Szene?

Kevin Richardson: Die gab es, als Daniah mit Thor auf dem Dach des Autos liegt und den Sternenhimmel betrachtet. Sie sollte dann vorgeben, dass sie an seiner Seite einschläft. Thor war schon recht müde an dem Drehtag und machte es sich gemütlich. Daniah kuschelte sich an ihn, und er furzte. Sie sagte hinterher, sie hätte kaum atmen können wegen des Geruchs. Löwen fressen eine Menge Fleisch, das stinkt ganz schön.

Was macht Thor jetzt?

Kevin Richardson: Eine meiner Bedingungen für den Film war, dass wir uns von Anfang bis Ende um die Löwen kümmern. Thor lebt jetzt auf meinem Gelände. Sein Rudel besteht aus vier Weibchen und einem Männchen. Er ist glücklich!


Filmtipp: Mia und der weiße Löwe

„Ist das öde hier“ – Mia wäre viel lieber in London geblieben, aber ihre Familie ist nach Südafrika gezogen. Während ihr Bruder sich schnell mit Erdmännchen, Warzenschwein und Co. anfreundet, tut sich die Elfjährige schwer. Das ändert sich, als ein weißes Löwenbaby in ihr Leben tapst: Charlie. Die beiden treiben viel Unfug, bis Charlie immer größer wird und ihre Eltern ihn zu gefährlich finden. Als ihr Vater ihn an Trophäenjäger verkaufen will, die Löwen abschießen, reicht es Mia. Mithilfe ihres Bruders zieht sie los, um Charlie in Sicherheit zu bringen. Das Besondere: Die Filmemacher haben sich für den Dreh drei Jahre Zeit gelassen. So sieht man Mia und ihren Bruder genauso wachsen wie Charlie. Und: Es wurden keine dressierten Löwen verwendet. Der Löwenflüsterer Kevin Richardson hat den Kindern beigebracht, wie sie sich verhalten müssen. Das zu wissen und die gute Geschichte machen es sehr spannend, den Film anzusehen. "Mia und der weiße Löwe" kommt am 31. Januar ins Kino.