Naturgesetz Unendlich niedlich!

Luise Heine und Carolin Schneider

Deine Augen werden größer, deine Stimme gerät einige Lagen höher, und du kannst deinen Blick einfach nicht abwenden: Geht es dir auch manchmal so, wenn du kleine Kätzchen, Welpen oder Babys siehst? Dann fällst du voll auf das Kindchenschema rein!

„Beschütze mich!“

Rundes Gesicht, große Augen, kurze Nase, hohe Stirn – an diesen Merkmalen erkennst du auf einen Blick ein kindliches Gesicht. Wissenschaftler nennen das Kindchenschema. Das gilt nicht nur für Menschen, sondern auch für viele Tierkinder. „Tu mir nichts, ich brauche deinen Schutz“, scheinen die großen Augen zu dir zu sagen.

Und tatsächlich wirken Babys und Babytiere unwiderstehlich niedlich, besonders, wenn sie auch noch unbeholfen rumtapsen. Dieses Gefühl ist ganz tief im Menschen verankert. Sogar drei- bis sechsjährige Kinder reagieren schon entsprechend auf das Kindchenschema. Diese Beschützergefühle, die von unserem Unterbewusstsein ausgelöst werden, haben unseren Vorfahren beim Überleben geholfen. Und weil dieser Instinkt so erfolgreich war, regt er sich bis heute in dir.

"Ich mach dich glücklich!"

Forscher haben mittlerweile auch herausgefunden, warum das Kindchenschema so gut funktioniert. Im menschlichen Gehirn werden dabei viele Botenstoffe frei, die glücklich machen. Von diesem Gefühl beseelt ist an Wut nicht mehr zu denken – oder könntest du gemein zu einem Hundebaby sein?

„Ich und süß? Von wegen!“

Allerdings gibt es auch einige Verlierer des Kindchenschemas. Reptilien oder Insekten zum Beispiel lösen beim bloßen Anblick nur selten Glücksgefühle aus. Auch, wenn sie noch ganz klein sind. Nackte Babyvögel laden in der Regel ebenfalls nicht zum Kuscheln ein.

Eine Ausnahme bilden kleine Eulen. Warum? Ihr Augen sitzen nicht seitlich am Kopf, sondern vorne, und ziemlich groß sind sie auch. Dazu noch der runde Kopf: Fertig ist das Kindchenschema. So süß, diese Tiere! Ach wirklich? Einige sehen zwar zuckersüß aus, sind aber eigentlich ganz schön fies.

Flusspferde zählen zu den gefährlichsten Tieren Afrikas. Aber was sollen die Pflanzenfresser denn schon Böses tun? Wenn ihnen jemand zu nahe kommt, verteidigen sie ihr Revier. Deshalb haben auch andere Tiere Angst vor ihnen. Außerdem bringen sie Boote, die sich ihnen nähern, zum Kentern.

Auch Pandas essen am liebsten Pflanzen, und zwar Bambus. Vom Bambuskauen ist ihr Kiefer geübt und ziemlich stark. Ein Biss kann also ziemlich viel Schaden anrichten ... 

„Kauf mich!“

Dass „süß“ und „niedlich“ auch gut ist, um Sachen zu verkaufen, ist ebenfalls schon lange bekannt. Viele Puppen oder Stofftiere – darunter der berühmte Teddybär – bauen auf das Kindchenschema. Vielleicht hast du noch einen alten Teddybär von deinen Eltern oder Großeltern. Seine Arme und Beine sind wahrscheinlich ein bisschen länger und die Schnauze ist spitzer als bei den heutigen Teddys. Erst nach und nach wurde das Kuscheltier dem Kindchenschema angepasst. Die Käufer haben das Gefühl, das kleine Tier beschützen zu müssen – und kaufen es.

Genau das Gleiche passiert bei Filmen und Comics. Bei einem eierförmigen, gelben Etwas würde wohl niemand in Begeisterungsrufe ausbrechen. Doch bekommt dieses Etwas große Kulleraugen, kurze Ärmchen und Beine und eine kleine Latzhose, finden es plötzlich alle total süß und sind im MinionFieber!

„Können diese Augen lügen?“

 Aber nicht nur das, durch Zucht haben Menschen sogar eigene Hunderassen geschaffen, die unsere Beschützerinstinkte ansprechen sollen. Dazu gehören beispielsweise der Pekinese, der Mops oder der Zwergspaniel.

Auch im Tierheim spielt das Kindchenschema eine Rolle. Wissenschaftler haben geschaut, welche Hunde am ehesten die Herzen brechen und einen neuen Besitzer finden. Klar im Vorteil waren diejenigen, die durch kühle Augenmimik ihre Augen noch größer erscheinen lassen konnten – der berühmte Hundeblick. Ohhh – wie süüüß!