Pauline Schäfer „Kaputte Turnanzüge klebe ich einfach“

Iris Lemanczyk

Pauline Schäfer ist Weltmeisterin am Schwebebalken. Trotzdem muss die Turnerin um einen Platz bei der WM im Oktober in Stuttgart bangen. Unsere Reporterinnen Mathilde (10) und Elisa (13) haben die 22-Jährige nach der ersten Qualifikationsrunde getroffen.

Mathilde: Was denkst du jetzt, nachdem du in der ersten WM-Qualifikation nur auf dem vierten Platz gelandet bist?

Pauline Schäfer: Natürlich möchte ich gerne bei der Weltmeisterschaft dabei sein. Da qualifiziert man sich auch für Olympia 2020 in Tokio. Wenn ich nicht bei der WM antreten darf, wird auch nichts aus dem Traum Olympia. In der ersten Qualifikationsrunde hatte ich einfach kein so gutes Technikgefühl, darum lief der Wettkampf nicht so gut. Aber wenn es nicht klappt, geht das Leben trotzdem weiter.

Elisa: Du bist Weltmeisterin am Schwebebalken. Ist das auch dein Lieblingsgerät?

Pauline Schäfer: Ja, am Schwebebalken bin ich am besten, und daran hatte ich meine bisher größten Erfolge. Viele Turnerinnen haben Schwierigkeiten mit dem Balken, der ja nur zehn Zentimeter breit ist. Ich habe den Schwebebalken immer gemocht.

Elisa: Du hast sogar eine Übung, die nach dir benannt ist. Was genau ist der Schäfer-Salto?

Pauline Schäfer: Das ist ein Seitwärts-Salto mit halber Drehung auf dem Schwebebalken. Das Schwierige ist, dass man den Balken im Sprung nicht sieht, also quasi blind fliegt, und dann noch quer mit den Füßen zum Gerät landet.

Mathilde: Hast du manchmal Lampenfieber?

Pauline Schäfer: Ich bin immer aufgeregt, bei jedem Wettkampf, vor jedem Gerät. Es wird wirklich nicht besser, egal wie gut ich trainiert habe und wie viel Routine ich schon gesammelt habe.

Elisa: Wie oft trainierst du denn, und wie sieht dein Alltag aus?

Pauline Schäfer: Ich trainiere jeden Tag. Aktuell habe ich in der Schule etwas mehr um die Ohren, deshalb ist das Mittagstraining kürzer als sonst. Ich stehe früh auf, erledige meist schon etwas für die Schule und bereite mich auf das Training vor. Das beginnt um 9.30 Uhr und dauert bis etwa 12.30 Uhr. Danach Mittagspause und Physiotherapie. Dann geht’s mit dem Training weiter. Gegen 17 Uhr ist das zu Ende, dann habe ich bis 22 Uhr Schule.

Mathilde: Warum hast du dich fürs Turnen entschieden, und wann hast du damit angefangen?

Pauline Schäfer: Ich habe drei Brüder, die alle geturnt haben. Das wollte ich natürlich auch ausprobieren. Mit fünf habe ich in meinem ersten Verein, dem TV Pflugscheid-Hixberg, meine ersten Turnelemente gelernt.

Mathilde: In welchem Alter konntest du Spagat?

Pauline Schäfer: Puh, ihr stellt echt schwierige Fragen. Das ist schon so lange her ...

Mathilde: Ich bin zehn und kann noch keinen Spagat. Konntest du ihn da schon?

Pauline Schäfer: Ja, mit zehn auf jeden Fall, sogar schon früher.

Elisa: Und einen Salto?

Pauline Schäfer: Noch so eine schwierige Frage! Ich glaube, das war mit sieben oder acht.

Elisa: Wie viele Turnanzüge besitzt du?

Pauline Schäfer: Etwa zehn bis 15 mit langen und zehn bis 13 mit kurzen Ärmeln. Als ich noch nicht so lange geturnt habe, waren mir die Anzüge sehr wichtig. Heute sind sie das nicht mehr. Im Laufe der Jahre habe ich sogar angefangen, die Anzüge einfach zu kleben, wenn sie kaputtgegangen sind.

Mathilde: Bei Wettkämpfen ist es in der Halle oft laut. Applaus, Anfeuerungsrufe – stört dich das bei der Konzentration?

Pauline Schäfer: Mich nervt das nicht, das ist ein zusätzlicher Ansporn. Gleichzeitig kann ich mich so konzentrieren, dass ich viele störende Geräusche ausblenden kann. Mir gefällt gute Stimmung in der Halle!


Pauline Schäfer Die 22-Jährige kommt aus dem Saarland, lebt aber seit einigen Jahren in Chemnitz, weil sie dort gute Trainingsbedingungen hat. Sie ist Kunstturnerin und Sportsoldatin. Seit ihre jüngere Schwester Helene auch nach Chemnitz gezogen ist, trainieren sie gemeinsam. Bei der Qualifikation in Stuttgart fing es für Pauline gut an: Sie lag in zwei von vier Geräten in Führung. Doch bei ihrer Bodenkür landete sie nach dem Doppelsalto vorwärts nicht auf den Füßen, sondern auf dem Hintern. Das kostete entscheidende Punkte. „Das war sehr ärgerlich. Ein technischer Fehler, der nicht passieren darf“, ärgerte sich Pauline nach dem Wettkampf.

Wird es reichen? Vor zwei Jahren ist Pauline Schäfer Weltmeisterin am Schwebebalken geworden, im kanadischen Montreal. Bei den Weltmeisterschaften 2018 konnte sie nicht antreten. Eine Fußverletzung war schuld. Im Oktober findet die nächste WM in Stuttgart statt. Fünf Plätze vergibt die Cheftrainerin Ulla Koch für die WM-Riege. Bei der ersten Qualifikation ist Pauline Vierte geworden. Doch zwei WM-Favoritinnen konnten wegen Verletzungen nicht antreten. In der zweiten Runde, morgen (7. September) in Worms, sind sie wieder dabei. Danach entscheidet die Trainerin, wer mit nach Stuttgart darf. Pauline Schäfer muss also alles geben.