Stefan aus Ahrweiler „Alles war voller Matsch“

Assata Frauhammer

Stefan (12 Jahre) lebt mit seiner Mutter in Ahrweiler im Ahrtal. In der Region gab es vor einem Jahr ein schlimmes Hochwasser. Auch Stefan und seine Mutter waren betroffen: Das Wasser stand bis zu drei Meter hoch im Haus.

Hallo Stefan, wie hast du die Überflutung erlebt?

Stefan: Ich war gerade ins Bett gegangen und hab schon fast geschlafen. Da ist meine Mutter gekommen und ist mit mir in den zweiten Stock hochgegangen. Wir haben aus dem Fenster geschaut und gesehen, wie das Wasser immer höher stieg. Dann sind Autos vorbeigeschwommen. In der Nacht konnte ich nicht mehr schlafen. Als ich irgendwann ins Treppenhaus geschaut habe, war da alles unter Wasser.

Hatte es Warnungen gegeben?

Stefan: Die Feuerwehr war durch den Ort gefahren und hat mit Lautsprecherdurchsagen vor Hochwasser gewarnt. Aber so eine Flut hatten wir nicht erwartet.

Was hast du am nächsten Morgen gesehen?

Stefan: Da war noch Wasser, aber vor allem Matsch. Im Erdgeschoss war alles voller Matsch, das Wohnzimmer, die Küche, der Flur, es war schrecklich.

Wie schlimm waren die Schäden?

Stefan: Es war sehr viel kaputt. Im Garten, in der Garage, im Keller, im Erdgeschoss, in der Einfahrt und an der Hausfassade. Unser Auto, die Fahrräder, Gartengeräte ... Der Kühlschrank ist heruntergefallen und hat einen Riss in den Küchenboden gemacht. Sogar meine Schuhe waren davongeschwommen, ich hatte nur noch das Paar, das ich am Tag davor angehabt hatte.

Wie hast du die erste Zeit nach dem Hochwasser verbracht?

Stefan: Freiwillige Helfer haben uns in den ersten Tagen mit Lebensmitteln versorgt, aber die Zufahrt zu unserem Ort war erschwert. Wir hatten keinen Strom und kein Wasser. Ich bin für eine Weile zu meinem Onkel und meiner Tante gefahren, dort waren auch meine Großeltern. Ihr Haus war auch zerstört. In den Herbstferien durften wir eine Woche Urlaub machen in einem Ferienhaus an der Ostsee, das haben freiwillige Helfer organisiert.

Was war mit der Schule?

Stefan: Das Hochwasser kam kurz bevor die Sommerferien begonnen hätten. Sie gingen dann zwei Tage früher los. Aber Zeugnisse gab es keine. Die waren davongeschwommen. Das Schulgebäude hatte auch was abbekommen, nach den Ferien konnten wir aber wieder zur Schule gehen. Manche Fächer konnten aber nicht stattfinden, zum Beispiel der Sportunterricht.

Wie lange hattet ihr keinen Strom und kein Wasser?

Stefan: Zwei Wochen lang hatten wir gar keinen Strom, dann haben wir Generatoren bekommen. Die waren sehr laut. Ab September ging dann der normale Strom wieder. Warmes Wasser hatten wir erst wieder im Dezember. Meine Mutter hat immer Wasser im Wasserkocher warm gemacht zum Baden.

Wie gingen die Arbeiten am Haus voran?

Stefan: Wir haben viel Hilfe bekommen. Viele Arbeiter sind immer wieder gekommen und haben uns geholfen, alles wieder in Ordnung zu bringen. Es muss noch viel gemacht werden, aber es ist auch schon vieles fertig. Ich finde, unser Haus ist jetzt noch schöner als vorher!

Wie geht es dir heute?

Stefan: Ich habe Angst, dass so etwas noch mal passieren könnte. Aber jeden Tag kehrt ein bisschen mehr Normalität zurück, das ist gut.


Als die Flut kam Im Juli 2021 hat es sehr viel geregnet. So viel, dass vor allem in den Bundesländern Nordrhein- Westfalen und Rheinland-Pfalz Flüsse über die Ufer traten. In der Nacht vom 14. auf den 15. Juli wurden einige Regionen von heftigen Überflutungen getroffen. Besonders schlimm war es im Ahrtal. Die Ahr ist ein Nebenfluss des Rheins. Auch in anderen Ländern vor allem in Westeuropa gab es vergangenen Sommer Überschwemmungen. Starker Regen ist unter anderem eine Folge des Klimawandels. Viele Menschen wurden von der Flut überrascht und konnten sich nicht rechtzeitig in Sicherheit bringen. So sind in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz mehr als 180 Menschen gestorben, viele Hunderte wurden verletzt. Das Wasser richtete große Schäden an: Häuser und Brücken stürzten ein, Straßen standen unter Wasser, Strom- und Gasleitungen wurden zerstört, Bahnstrecken waren nicht mehr befahrbar ... Nach dem Unglück bekamen die Menschen in den überschwemmten Gebieten sehr viel Hilfe: beim Aufräumen und Reparieren, bei der Versorgung mit Lebensmitteln, Werkzeugen und Medizin, aber auch mit Sach- und Geldspenden. Nicht nur Einsatzkräfte von Feuerwehr, Rotem Kreuz und Technischem Hilfswerk, sondern auch Hilfsorganisationen und Privatleute packten mit an. Auch ein Jahr später gibt es noch viel zu tun. Der Wiederaufbau kostet sehr viel Zeit und Geld.