Theresa Schopper „Schule muss sich verändern“

Susanne Suchy

Digitalisierung, Lehrermangel, Kinder, die schlecht lesen, schreiben und rechnen können – Kultusministerin Theresa Schopper muss Antworten auf viele Fragen finden. Auch auf die von Louisa (11) und Jacob (11) sowie auf Fragen, die uns von anderen Kinderreportern geschickt wurden.

Louisa: Entscheiden Sie ganz allein, was wir lernen müssen?
Theresa Schopper: Nein! Das mache ich mit der Unterstützung von Fachleuten, zum Beispiel erfahrenen Lehrkräften. Sie erarbeiten, was in welcher Klassenstufe in den Bildungsplänen steht, und legen sie mir dann vor.

Jacob: Wie bringen Sie sich in den Schulalltag der Kinder in Baden-Württemberg ein?
Theresa Schopper: Da gibt es viele Möglichkeiten. Gestern habe ich zum Beispiel mit dem Vorsitzenden des Landesschülerbeirats gesprochen. Ich besuche Schulen, rede mit Lehrkräften, Schülersprechern, Elternvertreterinnen und berate mich mit verschiedenen Organisationen. So weiß ich besser, was die Schulen brauchen.

Jacob: Was sind Ihre wichtigsten Aufgaben?
Theresa Schopper: Wir müssen die Kindertagesstätten und Schulen stärken. Alle Kinder sollen einen guten Start ins Schulleben haben. Auch wenn ihnen zu Hause nicht vorgelesen wird oder ihre Eltern schlecht Deutsch sprechen. Mein Plan ist, sie gleich in der Kita zu unterstützen. Ganz wichtig ist auch, dass wir überall im Land genügend Lehrerinnen und Lehrer haben. Außerdem unterstützen wir die Schulen bei der Digitalisierung.

Jacob: Wie stellen Sie sich die Schule in fünf bis zehn Jahren vor?
Theresa Schopper: Da wird sich viel ändern. Das muss es auch, denn Schule soll auf die Zukunft vorbereiten. Der Unterricht wird noch mehr mit digitalen Mitteln gestaltet werden, aber auch von KI geprägt sein. Schülerinnen und Schüler werden mehr über Demokratie lernen, wie man mit Medien umgeht und richtige von falschen Nachrichten unterscheidet. Dafür brauchen sie weiterhin fachliches Grundwissen: Lesen, Schreiben, Rechnen, eine Fremdsprache, aber auch Wissen über Naturwissenschaften, Geschichte und andere Länder. Nur so erkennt man, dass etwas nicht stimmen kann, wenn jemand behauptet, die Wüste sei in der Antarktis.

Louisa: Könnten Fächer wie Sport, Kunst und Musik nur zum Spaß sein? Ohne Noten?
Theresa Schopper: Ich gebe dir recht: Im Sportunterricht sollte wichtig sein, dass man sich gerne bewegt und den Kopf frei bekommt. Nicht die Note. Gemeinschaftsschulen arbeiten zum Beispiel ganz ohne Noten. Dort gibt es eine schriftliche Beurteilung. Keine Noten zu geben bringt viele Lehrkräfte in eine Zwickmühle bei der Bewertung. Oft wollen gerade auch die Eltern, dass Noten gegeben werden.

Jacob: An manchen Schulen gibt es zum Beispiel viele Tablets, an anderen wenige. Warum ist das so unterschiedlich?
Theresa Schopper: Das ist so, weil für die Ausstattung der Schulen der Schulträger verantwortlich ist. Das kann eine Gemeinde, die Stadt oder ein Landkreis sein. Und die haben mal mehr, mal weniger Geld für die Schulen. Das Land oder der Bund unterstützen deshalb mit verschiedenen Programmen. Zum Beispiel mit dem Digitalpakt. Damit konnten sehr viele Whiteboards und Tablets angeschafft werden. Trotzdem sind manche Schulen sehr gut ausgestattet, und in anderen bringen Kinder ihre eigene Ausrüstung mit. Wir arbeiten daran, dass es einen zweiten Digitalpakt geben wird, der das noch verbessert.

Louisa: Warum haben einige Grundschulen keine Schulleitung?
Theresa Schopper: Wir haben 2400 Grundschulen. Davon haben 260 im Augenblick keine Schulleitung. Die Stellen sind ausgeschrieben und werden besetzt. Aber in manchen Gebieten haben wir generell Schwierigkeiten, Lehrkräfte und Schulleitungen zu finden. Denn wenn Schulen sehr klein sind, muss die Schulleitung von den Aufgaben eines Hausmeisters bis zum Sekretariat alles übernehmen. Das möchte nicht jeder.

Louisa: Wie wollen Sie Lehrkräfte für den Beruf begeistern?
Theresa Schopper: Wir müssen schauen, dass die Arbeitsbedingungen gut sind. Dafür brauchen wir zusätzliches Personal. Neben Lehrkräften zum Beispiel auch pädagogische Assistentinnen und Assistenten oder junge Erwachsene, die ein Freiwilliges Pädagogisches Jahr machen. Das haben wir letztes Jahr eingeführt. Das ist vor allem an Grundschulen wichtig, weil dort Schülerinnen und Schüler mit ganz unterschiedlichen Leistungen gemeinsam lernen.

Dana: Wann kommt das G9 zu den staatlichen Schulen zurück?
Theresa Schopper: Das steht noch nicht fest. Aber ich kann mir vorstellen, dass Fünftklässler ab dem Schuljahr 2025/2026 die Möglichkeit bekommen, ein G9 zu besuchen. Ein Wechsel für höhere Klassenstufen von G8 zu G9 wird wegen der unterschiedlichen Bildungspläne nicht einfach möglich sein.

David: Ich fände es toll, wenn ich jetzt schon die Fächer Politik und Informatik hätte. Können Sie das ändern?
Theresa Schopper: Politik ist für mich nicht nur das Fach Gemeinschaftskunde. Es bedeutet, als Schüler auch in anderen Fächern Fragen zu stellen. Zum Beispiel über die Demonstrationen, die gerade stattfinden. Oder wie es in der Ukraine und Israel weitergeht. Unsere Fachleute erarbeiten Material, damit Lehrkräfte altersgerecht mit Schülerinnen und Schülern über diese Themen sprechen können. Die Fächer Informatik und Medienbildung werden wir künftig verstärkt in den Blick nehmen.

Sophia: Wenn unser Klassenlehrer krank ist, wird unsere Klasse aufgeteilt, und manchmal müssen wir sogar zu Hause bleiben. Was tun Sie dagegen?
Theresa Schopper: Wenn jemand länger krank ist, kommt eine zusätzliche Lehrkraft an die Schule, um den Unterricht zu übernehmen. Wenn jemand kurzfristig ausfällt, zum Beispiel weil er sich den Magen verdorben hat, springen manchmal Lehrkräfte aus dem Kollegium ein. In den Grundschulen wird oft etwas gespielt, oder es ist Hausaufgabenzeit. Aber es kann auch passieren, dass der Unterricht ganz ausfällt. Deswegen versuchen wir, mehr Lehrkräfte einzustellen, aber es gibt im Moment leider nicht so viele, wie wir bräuchten.


Theresa Schopper ist die Ministerin für Kultus, Jugend und Sport in Baden-Württemberg. Kurz gesagt: Sie ist hier die Chefin aller Schulen. Theresa Schopper wurde in Füssen im Allgäu geboren. Sie wollte unbedingt lesen lernen, „weil bei mir zu Hause nicht vorgelesen wurde und ich Bücher so liebte“, erzählt die 62-Jährige. Ihre Eltern wollten sie nicht auf ein Gymnasium schicken. Aber sie setzte sich durch. Ihre Lieblingsfächer waren Geschichte, Erdkunde und Sozialkunde. Sie ist Mitglied in der Partei Die Grünen. Sie hat zwei Söhne und ein Enkelkind.