Tiertrainerin Katja Elsässer „Chester denkt, er ist ein Mensch“

Maresa Stölting

Der Pinguin, der im Film „Die Chaosschwestern und Pinguin Paul“ mitspielt, heißt eigentlich Chester. Trainiert wurde er von Katja Elsässer, die Filmtiertrainerin ist. Unseren Kinderreportern Luca (11) und Elly (11) hat sie verraten, warum der Film nur mit Chester möglich war.

Elly: Woher kommen die Tiere, mit denen du arbeitest?
Katja Elsässer: Die kommen von verschiedenen Tierhaltern. Ich schaue immer, dass die Tiere ein wirklich gutes Leben haben, dass sie toll gehalten werden, glücklich und zufrieden sind. Die Tierhalter kommen auch auf mich zu und sagen: „Ich habe hier ein tolles Tier. Willst du nicht mal gucken, ob es Lust hat, beim Film zu arbeiten?“ Wir haben aber auch mehr als 50 eigene Tiere. Wir sind spezialisiert auf Wildtiere, wir leben zum Beispiel mit Luchsen, Wildschweinen, Wölfen und Ottern zusammen. Aber wenn für einen Film eine Kuh benötigt wird, dann will die Produktionsfirma mal eine schwarz-weiße, mal eine braune Kuh, eine mit Hörnern oder ohne. Deswegen leihe ich auch viele unterschiedliche Tiere. Zum Beispiel Kamele, Hunde und Katzen.

Luca: Bildet ihr die Tiere unabhängig von Filmanfragen aus, oder fangt ihr dann immer bei null an?
Katja Elsässer: Wenn Tiere zu uns auf den Hof kommen, behalten wir das immer im Kopf, dass sie beim Film arbeiten sollen. Deswegen stecken wir von Anfang an ganz viel Zeit in die Prägung und gewöhnen die Tiere an ganz viele unterschiedliche Dinge. Wir gehen zum Beispiel mit ihnen spazieren. Aber es kommt natürlich auch mal dazu, dass ein kleines rosa Ferkel benötigt wird. Das müssen wir dann vom Bauern holen und von null an trainieren.

Elly: Warum habt ihr ausgerechnet Chester zum Trainieren ausgewählt?
Katja Elsässer: Man hätte diesen Film mit keinem anderen Pinguin machen können. Chester wurde mit der Hand von einem Menschen aufgezogen. Normalerweise, wenn man mehrere Pinguine mit der Hand aufzieht, prägen sich die Tiere auch gegenseitig aufeinander. Aber Chester hat beschlossen, dass er viel lieber mit Menschen leben will als mit Pinguinen. Das nennt man Fehlprägung. Wenn man mit ihm unterwegs ist und es steht irgendwo eine Gruppe mit 20 Leuten, dann rennt er dazwischen. Er ist lieber in einer Menschenkolonie als in einer Pinguinkolonie. Andere Pinguine sind eben einfach Pinguine. Chester denkt, er ist ein Mensch. Es waren aber noch zwei weitere Pinguine beim Dreh dabei, Hannibal und Freddy, die Chester manchmal ersetzt haben. Aber im Großteil des Films ist Chester zu sehen.

Elly: War Chester auch mit den Schauspielern so vertraut?
Katja Elsässer: Ja, sein Lieblingsschauspieler war Michael Lott. Da hat er getrötet und sich ihm sofort vor die Füße geschmissen, um gestreichelt zu werden. Auch im Team hatte er ein paar Leute, die seine Lieblingsmenschen waren. Mit den Mädchen war es zwischendurch auch mal schwierig. Das liegt daran, das Kinder gerne unruhig sind. Die werden plötzlich mal laut oder hüpfen in die Luft. Das können Tiere häufig schlecht lesen.

Luca: Hattest du Mitspracherecht, zum Beispiel, wenn etwas nicht artgerecht gewesen wäre?
Katja Elsässer: Ja. Ich habe auch vorher das Drehbuch gelesen. Da stand zum Beispiel, dass alle beim Frühstück sind und der Pinguin fängt und frisst die Leberwurst. Da habe ich gesagt: „Leute, wir brauchen den Kindern nicht zu erzählen, dass der Pinguin das frisst. Das müsst ihr umschreiben.“ In einer anderen Szene sollte der Pinguin aus dem Kühlschrank kommen und Grünzeug auf dem Kopf haben. Das fand er doof und hat es gleich wieder abgeschüttelt. Dann haben wir entschieden, das nicht mehr zu machen. Wir wollen den Pinguin nicht ärgern – das ist unser Kollege, und den müssen wir immer gut behandeln.

Elly: Was habt ihr gemacht, wenn der Pinguin keine Lust hatte?
Katja Elsässer: Pause! Wir hatten aber auch vereinbart, dass der Pinguin nicht länger als fünf Stunden am Filmset anwesend ist – aber diese fünf Stunden waren nicht die reine Drehzeit! Es waren also recht kurze Arbeitstage, und deswegen hat das gut funktioniert. Zusätzlich hatten die drei Pinguine einen Pool, 2,50 Meter mal 4 Meter groß. Da konnten sie immer zwischendurch schwimmen gehen. Darin war auch eine Rampe, damit sie jederzeit rein ins Wasser und raus können.

Elly: Stinken Pinguine wirklich so sehr wie im Film behauptet?
Katja Elsässer: Fürchterlich riechen die! Ich durfte zum Schluss mit Chester kaum noch in irgendeinen Raum gehen, weil dann allen schlecht wurde. Fischfresser stinken!


Katja Elsässer Die Filmtiertrainerin besitzt einen Filmtierhof in Lüneburg (Niedersachsen). Sie bereitet immer wieder Tiere für Filme, Serien oder Fotoproduktionen vor, zum Beispiel hat sie an den Filmen „Max und die wilde 7“, „Rocca verändert die Welt“ und „Vier zauberhafte Schwestern“ mitgewirkt. Filmtiertrainerin ist kein Ausbildungsberuf. Das Veterinäramt, also die oberste Tierärztekammer, entscheidet darüber, ob jemand für den Beruf geeignet ist. Darum hat Katja Elsässer an verschiedenen Stellen Erfahrungen gesammelt, um sich so die Genehmigung zu erarbeiten. Ihren Beruf vergleicht sie damit, Oma von Enkeln zu sein: „Ich bin wie die Oma, die die Kinder mitnimmt und ihnen eine tolle Zeit besorgt, mit vielen Süßigkeiten und besonderen Aktionen.“


Bald im Kino: Die Chaosschwestern und Pinguin Paul

Unser Chefreporter Paul hat leider nichts mit dem Film zu tun. Im Mittelpunkt steht auch kein Königs-, sondern ein Humboldt-Pinguin! Im Film hat er bereits ein bewegtes Leben hinter sich: In einem Zirkus musste er vor dem Publikum tanzen, bis er von einem Zoo abgekauft wurde. Von dort soll er bald nach Südamerika gebracht werden, um ein Leben in Freiheit genießen zu können. Doch es kommt anders: Die beiden Zauberkünstler Marc und Mary lassen Paul entführen. Der tanzende Pinguin soll ihnen eine große Zukunft in Las Vegas (USA) ermöglichen. Doch Paul büxt aus und landet im Haus der Familie Martini mit den ungleichen Schwestern Kenny, Malea, Livi und Tessa. Nun müssen die vier gemeinsam an einem Strang ziehen. Denn ihnen wird schnell klar, dass es die Magier auf Paul abgesehen haben. Es folgt eine spannende Verfolgungsjagd, bei der es immer wieder zu lustigen Situationen kommt. Etwa als Paul Chaos in einem Supermarkt stiftet. Vielleicht kennst du „Die Chaosschwestern“ schon: Zehn Bücher hat die Autorin Dagmar H. Mueller über die vier Schwestern geschrieben. Einen Band mit Pinguin Paul gibt es allerdings nicht. Diese Geschichte wurde extra fürs Kino geschrieben.